Eine kleine Car-HiFi-Kunde
Das übliche, wenn man jemandem erzählt, man hat ne Car-HiFi-Anlage im Auto, denken die meisten leider sofort an ein wild bunt blinkendes Pioneer-Radio, einen ebensolchen Aufkleber in der Heckscheibe und die (unweigerliche?) Baßrolle und die Magnat-Endstufe mit dem 1000W-Aufdruck im Kofferaum. Passend kombiniert mit einem Sinus-Live Triax-System auf der (unbefestigten) Heckablage, dazu vorn die Originalen Quäker, durch Überlast im Baß und Clipping des 'High-Power'-Radios total zerstört.
NEIN!!! VERDAMMT NEIN!!!
Ich hasse diese Vorurteile!
Diese Krawallfraktion gibt es, leider prägen sie das Image des Car-HiFi-Fans. Dem echten Car-HiFi-Fan geht es nicht (nur) darum, einen möglichst großen Stadtbezirk zu beschallen, sondern auf allen Wegen möglichst guten Klang im Auto zu haben.
Das das, wenn man es denn richtig haben will, nicht damit getan ist, ein neues Radio zu kaufen und neue Lautsprecher in die Türen zu bauen oder gar auf die Heckablage, sollte daher auch klar sein.
Das Ziel
Ziel ist es natürlich, wie auch beim Home-HiFi, die Musik in Klang und Raum so natürlich / gut abzubilden, wie es geht. Das das im Auto nicht damit getan ist, ein Paar gute Boxen zu kaufen und einen Verstärker, und den irgendwo hinzustellen, liegt an den ungünstigen Platzverhältnissen im Auto. Dennoch kann man eine Bühne erreichen, die vergessen läßt, eine Windschutzscheibe vor sich zu haben und den Sänger bis vor die Motorhaube stellt. Natürlich dürfen die tiefen Frequenzen nicht zu kurz kommen, sonst klingts schnell dünn und wenig befriedigend.
Der Weg
ist steinig und dornenreich... Ich setze hier erstmal gute Komponenten voraus, mit dem ganzen billigen Kram wird man nicht glücklich, durfte ich in meinen Anfängen auch feststellen. Aber man hat draus gelernt.
Front
Wichtig für Guten Klang und vor allem eine gute Bühne ist erstmal, hinten keine Lautsprecher einzubauen, die stören nur und zerreißen den Klang! Vorn spielt die Musik. Also sog Frontsystem sind eigentlich nur Komposysteme zu empfehlen, mit getrenntem Tiefmittel- und Hochtöner + separater Frequenzweiche. Die Hochtöner sollten so weit vorne und oben (Ohrhöhe) wie möglich plaziert werden. Bei neuen Fahrzeugen läßt sich dies aufgrund riesiger Armaturenbretter und flachen Scheiben meist gut hinbekommen. Bei meinem Golf siehts da etwas trüber aus... Desweiteren brauchts natürlich einen gescheiten Platz für die Tiefmitteltöner. Diese finden Platz in den Türen, wobei die originalen Einbauplätze gerade älterer Fahrzeuge akustisch katastrophal sind. Wenn ich an diese Plastikhalter in meinem Golf denke... wo dann durch den 5mm breiten Spalt an der Seite die Luft durchpfeift und den Baß vernichtet... brrr..Der beste Weg sind hier sog. Doorboards, (geschlossene) Gehäuse oder auch nur Vorbauten, die stabil mit dem Türblech verbunden werden. Kickbässe sollten offene Boards bekommen, damit sie das Türvolumen nutzen können. Kleineren Tiefmitteltönern kann man mit dem vorhandenen Platz schon ein gemütliches Plätzchen *g* in einem geschlossenen Doorboard anbieten, die hat die Vorteile, daß man ein ganz bestimmtes Volumen hat, worauf der Lautsprecher arbeiten kann, und das innere normal wie eine HiFi-Box mit Polyesterwatte ('Sonofil' dämpfen kann. Resonanzen in der Tür (Scheibe, Bleche etc.) werden bei weitem nicht so stark angeregt und man verhindert wirkungsvoll einen akustischen Kurzschluß, der sich bei normalem Türeinbau fast unweigerlich ergibt. Sofern man die Doorboards selber baut (lohnt sich, gescheite fertige kosten ab 350€/Paar - OHNE Lautsprecher!) kann man die Tiefmitteltöner gezielt anwinkeln, denn die großen Membranen bündeln bereits ab 1-2kHz, da sollte man sehen, daß der Winkel zum Ohr nicht zu groß wird, sonst wird der Mittelton quasi in den Fußraum gepustet und ist am Ohr viel zu leise. Ferner kann man das Design der Boards (von unauffällig zur Tür passend bis extravagant mit Chrom und Intarsien) seinen Wünschen (und seinem Können!) anpassen. Auf jeden Fall müssen die Türen gedämmt werden, dazu unten mehr.
Sub
Ein Subwoofer
brauchts, da die 13er oder 16er in den Türen nicht genug Tieftonfundament
bringen. Gerade wenn das Auto fährt, hat man im Baßbereich einen
hohen Störpegel
durch Motor- und Abrollgeräusche. Das sollte man nicht unterschätzen.
Je nach gewünschter Lautstärke und Musikrichtung kann ein 20er in
einem kleinen Wagen das Klanggeschehen schon gut untermalen, währenddessen
in einem großen Kombi und Techno mit Discopegel schon 2 30er angebracht
sein können. Hier sollte man sich vorher überlegen, was man will.
Als Einbauorte kommt meistens der Kofferraum in Frage, entweder als kleine Kiste,
die sich zum Einkaufen oder für die Urlaubsfahrt herausnehmen läßt
(aber wer will schon ohne Baß in Urlaub fahren? Ich nicht!) oder gut versteckt
in der Reserveradmulde. Bei größeren Fahrzeugen kommen auch die hinteren
Seitenteile in Frage, hier baut man entweder eine etwa passende MDF-Kiste oder
gleich eine perfekt den Platzverhältnissen angepasste GFK-Behausung. Kleine
Subs können auch unter den Sitzen Platz finden, oder, gesehen im Smart,
im Fußraum des Beifahrers, da wird dann ein vorhandenes Schaumstoffteil
gegen ein angepaßtes Subgehäuse getauscht.
Verstärker
Auch Endstufe genannt.
Verstärker fürs Auto müssen mit dem Problem leben, nur 12V- als
Betriebsspannung zur Verfügung zu haben. Um dennoch adäquate Leistungen
freizusetzen, wird intern die Spannung durch ein Schaltnetzteil hochtransformiert,
so das an den Lautsprecherausgängen je nach Verstärker Leistungen
zwischen 40 und mehreren Tausend Watt abgegeben werden können. Einen Verstärker
braucht auf jeden Fall der Subwoofer, da gerade die tiefen Töne sehr energiehungrig
sind. Hier wird die größte Leistung gebraucht. Der Verstärker
sollte (was eigentlich Standard ist) gebrückt werden können.
Aber auch ein Frontsystem lebt durch eine größere Leistungsreserve
(und die natürlich qualitativ besseren Endverstärker als die im Radio
eingebauten) förmlich auf. Größere Dynamik, bessere Auflösung
und natürlich höherer unverzerrter Pegel sind der Dank einer solchen
'Powerkur'. Beliebt sind deswegen Verstärker mit 4 Kanälen, zwei kümmern
sich ums Frontsystem, und die anderen beiden gebrückt um den Subwoofer.
Ist praktisch, man muß nur einen Verstärker verkabeln und Platz dafür
finden. Wer mehr Leistung braucht, sollte sich für den Subwoofer einen
Extra-Verstärker (zweikanal oder Mono) besorgen. Ein 2Kanäler oder
ein komplett gebrückter 4-Kanäler kümmert sich dann um das Frontsystem.
Man kann auch mit einem 4-Kanäler (vorrausgesetzt, interne aktivweiche
mit ausreichender Einstellmöglichkeit) das Frontsystem aktiv betreiben,
ganz ohne passive Weiche und an jeden Kanal ein Chassis.
Radio
Die Steuerzentrale der
gesamten Anlage. Nicht nur benötigt, um Radio zu hören und CDs abzuspielen
bzw. den CD-Wechsler zu steuern, sondern natürlich auch um den Ton mit
möglichst hoher Qualität wiederzugeben bzw. über Vorverstärkerausgänge
zu den Verstärkern zu leiten. 4 Vorverstärkerausgänge (2 Paar)
sind Pflicht für den ambitionierten Car-HiFi-Bastler, besser noch wenn
man ein zusätzlichen(s Paar) nur für den Subwoofer hat. So läßt
sich die Lautstärke desselben komfortabel von vorn regeln. Ideal sind Vorverstärkerausgänge
mit 4V-Pegel (und natürlich entsprechenden Verstärkern, ist aber ab
Mittelklasse Standard). Dies hat den Vorteil eines größeren Störabstands.
Einige (teure) Radios bieten zudem Features wie einen parametrischen Equalizer,
um evtl. doch noch vorhandene Löcher und Buckel im Frequnzgang auszubügeln,
oder, sehr sinnvoll, eine Laufzeitkorrektur. Hier können einzelneKanäle
gezielt verzögert werden, so daß der Schall von den unterschiedlich
vom Hörer entfernten Lautsprechern zeitgleich am Ohr ankommt. Recht eindrucksvoll,
wie dadurch eine präzise Mittenortung eingestellt werden kann, und ein
'hinterherhinkender' Subwoofer präzise mit dem Frontsystem zusammenspielt.
Ferner schaltet das Radio über einen Steuerausgang die angeschossenen Verstärker
an, so daß diese nur dann Strom verbrauchen, wenn wirklich Musik gehört
wird.
Kabel
Als wichtigstes wären hier erstmal die Stromzuleitungen zu den Verstärkern erwähnt. Verstärker brauchen Strom, und das je nach Leistung nicht zu knapp. So ist die doppelte Gesamtsinusleistung aller Kanäle mal zwei die ungefähre Eingangsleistung, und darauf müssen Kabel und natürlich auch die Sicherungen ausgelegt sein. Ferner sollte der Spannungsfall von der Batterie zum Verstärker nicht unterschätzt werden; wo es im 230V-Netz wenig ausmacht, wenn auf 5m 0,5V verloren gehen, so ist das angesichts von nur 12V schon ein Happen... Dazu mal folgende Tabelle mit Mindestquerschnitten:
und folgende Formel zur Berechnung des Spannungsfalls:
Eine ausführliche Anleitung zum Kabel legen mit Bildern, Einbau einer neuen Lichtmaschine und Trockenbatterie in meinen Golf gibts hier: Kabel verlegen
High-End bei Stromkabeln
ist natürlich (wie soll's auch anders sein) Käse, mag ja schön
aussehen, diese Strippen mit durchsichtiger Isolierung, die dann den Blick auf
die feinstdrähtige Ader freigibt, und kann beim Verlegen praktisch sein,
da etwas flexibler, aber wenn man zum örtlichen Elektriker geht und sich
dort ein paar Meter flexible Einzelader in gewünschter Stärke geben
läßt, kommt man wesentlich billiger davon. Wichtig sind gescheite
Quetschverbinder, natürlich mit entsprechendem Werkzeug gequetscht. Dies
dient der Kontakt- und Betriebssicherheit, bei Strömen von einigen zig
Ampère kann schnell mal was wegbrennen, wenn lose Litzenenden aus den
Klemmen des Verstärkers abstehen. Die Masserückleitung (Minuspol vom
Verstärker) kann an einem geeigneten Punkt mit einem kurzen Stück
Kabel entsprechenden Querschnitts an die Fahrzeugmasse gehen, aber bitte ALLE
Verstärker nur an diesen EINEN Punkt, sonst sind Masseschleifen und Lichtmaschinenheulen
vorprogrammiert.
Dann braucht es noch anständige Cinchkabel (praktischerweise welche, wo
ein einzelner freier Draht zur Weiterleitung des 12V-Steuersignals vom Radio
dran ist), hier muß vor allem auf mechanische Stabilität der Stecker
und der Isolierung geachtet werden, nicht immer läßt es sich vermeiden,
das das Kabel beim Verlegen oder wenn später es unter dem Teppich liegt
mechanisch beansprucht wird. Eine doppelte Abschirmung sollte es sein, aus
eigener Erfahrung weiß ich jedoch jetzt, daß es sich NICHT lohnt,
60DM für ein 3-fach geschirmtes 5mKabel zu bezahlen, hatte deswegen trotzdem
Störungen von der Lichtmaschine. Vermeiden läßt sich sowas
manchmal nicht so einfach, jedoch sollte man drauf achten, daß die
Cinchkabel getrennt von allen anderen Leitungen im Auto liegen.
Für die Verkabelung der Lautsprecher genügt im Normalfall normales
Lautsprecherkabel aus dem Baumarkt in 1,5mm² Stärke, 2,5mm² und
4mm² für den Subwoofer können (außer dem Geldbeutel) auch
nicht schaden.
Dämmung
Ein sehr wichtiger Punkt. Das volle Klangpotenzial der Anlage kann sich nicht entfalten, wenn z.B. gerade bei Verwendung des Türvolumens das Blech am scheppern ist. Grundsätzlich sollte man mindestens die vorderen Türen mit Bitumenmatten bekleben oder mit Antidröhnmasse bestreichen, auch große Blechflächen im Kofferaum danken diese Behandlung mit geringerem Eigenleben. Ich empfehle Bitumen-Spachtelmasse, ist preiswert (10kG für ca. 16€) und hat die gleichen Eigenschaften wie teures Noise-Ex. Klappernde Anbauteile lassen sich schnell durch eine Test-CD mit Sinustönen von 20- 300Hz entlarven, hier gilt es, die Störquelle zu finden und zu beseitigen, sei es, indem man Verkleidungen an der C-Säule mit Montageschaum festschäumt, oder auch PUR-Kleber oder am Blech klappernde Türverkleidungen mit selbstklebendem Schaumgummidichtband 'behandelt'.